Der schicksalhafte Abend
Am Abend des 20. September 1994 entstand im Feierabendverkehr ein alptraumhafter Moment: Gegen 18:46 Uhr brach plötzlich die Fahrbahndecke der Truderinger Straße ein – ausgelöst durch einen plötzlichen Wasser- und Kieseinbruch im Untergrund während der U-Bahn-Bauarbeiten zur Verlängerung der Linie U2. Ein Linienbus der MVG (Linie 192), der an einer Ampel wartete, rutschte mit dem Heck voran in den sich öffnenden Krater.
Rettung in höchster Not
Dank des beherzten Eingreifens von Bauarbeitern und Rettungskräften konnte der Großteil der Fahrgäste schnell evakuiert werden. Der Busfahrer öffnete die Türen rechtzeitig, und viele Passagiere stiegen über Sitzlehnen und Fenster ins Freie empor. Doch nicht alle überlebten: Eine 43-jährige Frau und ein 27-jähriger Mann, beide im hinteren Teil des Busses, ertranken im eindringenden Wasser.
Ein Bauarbeiter, der noch versucht hatte, den Fahrer zu warnen, wurde ebenfalls mit in die Tiefe gerissen. Er kam ebenso ums Leben. Insgesamt forderte das Unglück drei Todesopfer und hinterließ 36 teils schwer verletzte Menschen.
Das Ausmaß und die Bergung
Die Rettungsarbeiten gestalteten sich gefährlich und schwierig. Die Unfallstelle musste erst aufwendig gesichert werden, um weitere Einstürze zu verhindern. Die Leichen des Bauarbeiters und des hinteren Fahrgasts konnten erst nach etwa acht Monaten im instabilen Untergrund geborgen werden – ein logistisch und emotional extrem belastender Vorgang.
Ursachenforschung: Ein heimtückisches Erdgeheimnis
Der Untergrund Münchens besteht aus zwei geologisch unterschiedlichen Schichten: einer wasserdurchlässigen Kiesschicht über einer vermeintlich wasserdichten Mergelschicht. Risse in dieser unteren Schicht – verursacht durch langjährige Witterungseinflüsse wie Frost und Trockenheit – ermöglichten einen unvorhersehbaren Wassereinbruch von unten. Dieses „Anzapfen“ der Risse löste den Einsturz aus.
Gutachter kamen zu dem Schluss, dass die Risse nicht vorhersehbar und auch nicht durch die Bauarbeiten verursacht worden waren. Ermittlungen wegen Planungsfehlern wurden eingestellt – ebenso ein Strafprozess, der 1999 gegen Zahlung einer Geldauflage von 32.000 DM eingestellt wurde.
Spätfolgen und Gedenken
Das Unglück verzögerte die Fertigstellung der U-Bahn-Strecke zur Messestadt deutlich. Shuttle-Busse mussten die fehlende U-Bahn-Verbindung überbrücken, bevor der Linienbetrieb 1999 beginnen konnte.
Seit 1999 erinnert ein Gedenkstein am Busbahnhof Trudering an die Tragödie. Er symbolisiert den im Boden versinkenden Bus und dient als Mahnmal für Sicherheitsfolgen im urbanen Tunnelbau.
Lehren für die Zukunft
Das Busunglück von Trudering führte zu neuen Sicherheitsstandards im Tunnel- und U-Bahn-Bau in München. Seither werden größere Abstände zwischen Tunnelbaustellen und geologisch sensiblen Schichten eingehalten. Moderne Bauweisen – etwa mit wasserdichten Tunnelschalen – minimieren das Risiko solcher Katastrophen erheblich.
Fazit
Das Busunglück von Trudering am 20. September 1994 ist in seiner Dramatik unvergessen: Ein plötzlich einbrechender Krater, verzweifelte Rettungsaktionen, tragische Verluste – all das veranschaulicht die unvorhersehbare Gefahr unter der Oberfläche. Das Ereignis bleibt zugleich ein Mahnmal für dringend notwendige Sicherheitsmaßnahmen im Bauwesen und zeigt, wie wichtig technische Innovationskraft und präventive Planung sind, um Menschenleben zu schützen.


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