Einleitung
Die Marke real – mit all ihren Namensvarianten wie real-kauf, real,- und später mein real – steht exemplarisch für den Wandel im deutschen Einzelhandel. Was einst als Zusammenschluss verschiedener SB-Warenhäuser begann, entwickelte sich zum bundesweiten Handelsriesen. Doch über Jahre hinweg wurde real vom Markt gedrängt, umstrukturiert, verkauft – und am Ende fast ganz zerschlagen. Dieser Beitrag beleuchtet die spannende Geschichte einer Marke, die Generationen beim Wocheneinkauf begleitet hat.
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Die Ursprünge: Wie aus vielen Marken „real-kauf“ wurde
Die Ursprünge der real-Märkte liegen in den 1980er- und frühen 90er-Jahren. Damals übernahm der Handelskonzern Metro AG mehrere regionale SB-Warenhausketten. Zu den wichtigsten gehörten:massa (Rheinland-Pfalz)basar (Nordrhein-Westfalen)Continent (Frankreich/Deutschland)extrareal-kaufDie verschiedenen Häuser wurden schrittweise unter der neuen Dachmarke real-kauf zusammengeführt. Ziel war es, eine starke, einheitliche SB-Marke für den gesamten deutschen Markt zu etablieren – mit großflächigen Märkten (oft >8.000 m²), die Lebensmittel, Elektronik, Haushaltswaren, Kleidung und vieles mehr vereinten.
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Umbenennung zu „real,-“: Ein modernes Gesicht
1997 wurde die Marke in „real,-“ (mit Komma) umbenannt. Der Name war bewusst schlicht gehalten, international verständlich und sollte Modernität und Transparenz ausstrahlen. Auch das neue Logo – schlicht in Blau und Rot – wurde zum Symbol für günstiges Einkaufen und großes Sortiment unter einem Dach.In den 2000er-Jahren wuchs real weiter:Über 320 Filialen in DeutschlandExpansion nach Polen, Russland, Rumänien, Türkei u. a.Einführung von Eigenmarken wie TiP, real Bio, real QualityAufbau der Online-Plattform real.de als zusätzlicher Vertriebskanalreal positionierte sich als Allround-Supermarkt für den Großeinkauf, insbesondere bei Familien.
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Die Probleme wachsen: Konkurrenz, Fläche, Struktur
Ab ca. 2010 verschärfte sich die Lage im stationären Einzelhandel:Discounter wie Lidl & Aldi zogen mit Preis und Tempo davonSupermärkte wie Rewe und Edeka punkteten mit Frische, Regionalität, modernem Designreal hatte dagegen oft veraltete Filialen und ein zu breites SortimentAuch das E-Commerce-Geschäft entwickelte sich zu langsamGleichzeitig belasteten hohe Kosten und komplizierte Strukturen den KonzernDas SB-Warenhauskonzept schien in dieser Form nicht mehr zeitgemäß.
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Der Verkauf an SCP und die Entstehung von „mein real“
2018 beschloss die Metro AG, sich von der verlustreichen Supermarktsparte zu trennen. Nach zähen Verhandlungen übernahm 2020 schließlich die russische SCP Group den kompletten real-Konzern, mit dem Ziel, die Kette aufzubrechen und gewinnbringend weiterzuverkaufen.Was folgte:Zerschlagung von real: Über 150 Filialen wurden an Kaufland, Edeka, Rewe, Globus u. a. verkauft. Online-Plattform real.de wurde von Kaufland übernommen und firmiert heute als kaufland.de. Übrig blieben etwa 60 bis 70 real-Märkte, die nun unter der neuen Marke „mein real“ weitergeführt wurden. Das Rebranding zu „mein real“ sollte den emotionalen Bezug der Kunden stärken und einen Neuanfang signalisieren – mit Fokus auf Regionalität, Frische und individuelle Ansprache.
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„mein real“: Der Versuch eines Comebacks
mein real sollte frischer, moderner und persönlicher wirken. Einige neue Ansätze: Lokale Produkte und Sortimente, Modernisierte Ladengestaltung, Eigenmarken wie Mondo Italiano, TiP und real Bio, Kundenbindungsprogramm „realPro“ Nachhaltigkeit und Regionalität als Markenwerte. Doch die Probleme blieben: Die Märkte waren nach wie vor groß und teuer zu betreiben. Viele Standorte waren in strukturschwachen Regionen. Die Marke „real“ hatte durch die Zerschlagung massiv an Strahlkraft verloren.
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Insolvenz und Zukunft: Was kommt nach „mein real“?
Im Juni 2023 meldete die Betreibergesellschaft mein real GmbH Insolvenz an. Die letzten verbliebenen Filialen wurden entweder geschlossen oder an neue Betreiber übergeben – beispielsweise: Globus, Edeka, Kaufland, Tegut, Lokale Investoren. Die Marke „mein real“ verschwand schrittweise aus der Öffentlichkeit. Damit endete auch das Kapitel eines der größten deutschen SB-Warenhausnetze – endgültig.
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Fazit: Ein Lehrstück des Einzelhandelswandels
Vom großen Hoffnungsträger „real-kauf“ über das national bekannte „real,-“ bis hin zum persönlichen „mein real“ – die Geschichte dieser Marke ist auch die Geschichte des Strukturwandels im Einzelhandel:Konzentration auf kleinere, effizientere Formate, Verlust großer Verkaufsflächen als Erfolgsmodell, Wandel im Konsumverhalten: Bio, Regionalität, Online. real hat es nicht geschafft, sich nachhaltig zu transformieren – trotz mehrerer Versuche. Zurück bleibt ein Stück deutscher Handelsgeschichte, das in Erinnerung bleibt – sei es wegen des günstigen Wocheneinkaufs oder der riesigen Märkte, in denen man alles bekam, was man brauchte (und vieles, was man nicht brauchte).



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